Fachgerechte Wartung von RLT-Anlagen

Unser Gesundheitswesen befindet sich derzeit in einer finanziellen Krise. Um hier wirksam gegenzusteuern, empfehlen sich geeignete Vorsorgemaßnahmen. Ein Beitrag hierzu kann durch die sach- und fachgerechte Wartung von Raumlufttechnischen Anlagen (RLT-Anlagen) geleistet werden. Die Wartung darf daher mit Recht als eine technische Gesundheitsvorsorge betrachtet werden. Es darf aber auch nicht vergessen werden, dass störungsfrei arbeitende RLT-Anlagen für den bestimmungsgemäßen Betrieb vieler Gebäude und technischer Arbeitsprozesse unabdingbar sind.


Unser Gesundheitswesen befindet sich derzeit in einer finanziellen Krise. Um hier wirksam gegenzusteuern, empfehlen sich geeignete Vorsorgemaßnahmen. Ein Beitrag hierzu kann durch die sach- und fachgerechte Wartung von Raumlufttechnischen Anlagen (RLT-Anlagen) geleistet werden. Die Wartung darf daher mit Recht als eine technische Gesundheitsvorsorge betrachtet werden. Es darf aber auch nicht vergessen werden, dass störungsfrei arbeitende RLT-Anlagen für den bestimmungsgemäßen Betrieb vieler Gebäude und technischer Arbeitsprozesse unabdingbar sind.

Bau und Betrieb von RLT-Anlagen bedeuten hohe Investitionen mit langfristiger Kapitalbindung. Um den Wert zu erhalten, ist die qualifizierte Schulung des Montage- und Betriebspersonals zwingend notwendig. Die Art und Weise, wie eine Wartung zu erfolgen hat, wird an verschiedenen Stellen beschrieben. Beispielhaft soll hier auf das VDMA-Einheitsblatt 24186 verwiesen werden. Hervorzuheben ist aber hier insbesondere die VDI-Richtlinie 6022. In dieser Richtlinie werden die hygienischen Anforderungen bei der Wartung von RLT-Anlagen näher beschrieben. Es wird darüber hinaus auch die Art und Weise festgelegt wie das Personal zur Erfüllung dieser Anforderungen zu schulen ist. Bereits bei der Errichtung einer RLT-Anlage wird von der VOB-C (DIN 18379) die Einhaltung der VDI 6022 vorgeschrieben. Umso wichtiger ist es im späteren Betrieb, diesen Qualitätsstandard beizubehalten oder bei älteren RLT-Anlagen neu zu schaffen.

Inhalte der VDI 6022

Derzeit ist die VDI-Richtlinie 6022 in zwei Blättern erschienen. Blatt 1 beinhaltet die hygienische Anforderung an Raumlufttechnische Anlagen und Geräte, aktuelle Ausgabe April 2006.
Blatt 2 beinhaltet Hygieneanforderung an Raumlufttechnische Anlagen, Messverfahren und Untersuchungen bei Hygienekontrollen und Hygieneinspektionen. Hierbei handelt es sich um einen Entwurf.
Die Richtlinie VDI 6022 gilt für Raumlufttechnische Anlagen und Geräte, die Räume oder Aufenthaltsbereiche in Räumen lufttechnisch versorgen, wenn sich dort bestimmungsgemäß Personen mehr als 30 Tage pro Jahr oder täglich über zwei Stunden aufhalten.
Die VDI-Richtlinie 6022 ist bei der Planung, Installation, Inbetriebnahme, Instandhaltung und bei Betrieb für (fast alle) RLT-Anlagen insgesamt  - und nicht nur für Teilaspekte – einzuhalten. Durch die Anwendung werden jedoch keine Grundlagen zur Erteilung oder Schaffung von so genannten „Hygiene-Zertifikaten“ oder „Hygiene-Gütesiegeln“ beschrieben. Vielmehr erfolgt die Umsetzung des geforderten Qualitätsstandards eigenverantwortlich durch die Komponentenhersteller, den Anlagenbauer und den Betreiber nach entsprechender Schulung des Personals gemäß Blatt 1 der Richtlinie.
Grundsätzlich gilt die VDI 6022 für alle Anlagenteile, die die Qualität der Zuluft beeinflussen können, nicht jedoch für den betroffenen Aufenthaltsraum selber. Ein Großteil der RLT-Anlagen wurde vor der Herausgabe der VDI 6022 erstellt. Für diese Anlagen gilt ein Bestandsschutz. Daran sollte auch nicht, wenn es bislang nicht zu Befindlichkeitsstörungen der Nutzer gekommen ist, gerüttelt werden. Um den Qualitätsstandard dieser und der neuen RLT-Anlagen nachhaltig beizubehalten, sind Hygienekontrollen und Hygieneinspektionen durchzuführen. Bei Nutzerbeschwerden sind unverzüglich Sanierungsmaßnahmen einzuleiten. Empfohlen wird hierzu die Aufstellung eines differenzierten Stufenplans, um die geforderte Luftqualität möglichst schnell zu erreichen. Bei schweren Befindlichkeitsstörungen sowie bei gravierenden Hygienemängeln ist eine Sanierung der RLT-Anlage unbedingt notwendig.

Leistungsbeschreibung

Die Frage, welche Anforderungen von wem einzuhalten ist, muss einzelvertraglich geregelt werden. Für den Auftraggeber bleibt jedoch bei der differenzierten Vergabe einzelner Teilleistungen zu beachten, dass insgesamt die Anforderung der VDI 6022 eingehalten werden müssen. Beispielhaft sei hierbei daran erinnert, dass auch die „Teilleister“ nach der VDI 6022 Blatt 1 geschult sein müssen. Werden einzelne Vertragsbedingungen abweichend von der VDI 6022 geregelt, besteht eine Hinweispflicht. Um unnötige Streitigkeiten zwischen den Vertragsparteien auszuschließen, sind kostenrelevante Einzelleistungen der jeweiligen Auftragnehmerseite explizit in die Leistungsbeschreibung aufzunehmen.

Rahmenbedingungen für die Hygiene

Um die geforderten hygienischen Anforderung im späteren Betrieb zu erfüllen, muss bereits bei der Planung, Fertigung und Ausführung angesetzt werden. So dürfen keine Komponenten verwendet werden, die gesundheitsschädliche Stoffe, Fasern und/oder Gerüche abgeben. Ebenso dürfen die Werkstoffe das Wachstum von Mikroorganismen nicht fördern. Die Oberfläche luftführender Komponenten sind so vorzusehen, dass sie Schmutzablagerung nicht fördern. Bereits der Hersteller hat die Komponenten zu reinigen und gegebenenfalls mit Schutz-Umhüllungen zu versehen. Überhaupt sind die Komponenten vor Verschmutzung während des Transportes zum Verwendungsort, bei der Lagerung und während des Einbaus zu schützen. Die betriebsbedingten luftbeführten Flächen müssen während des Einbaus sauber und trocken sein und später im Betrieb auch bleiben.
Die Anforderungen betreffen jedoch nicht nur die Komponenten selber, auch der Betrieb ist unter hygienischen Gesichtspunkten zu führen. Ein Teilaspekt der Hygiene ist die so genannte thermische Behaglichkeit. Um die Anlagen diesbezüglich ohne Beanstandung betreiben zu können, muss der Luftvolumenstrom korrekt ausgelegt werden. Ebenso sind während der Planung Regelstrategien vorzusehen, die einen hygienisch beanstandungsfreien Betrieb dauerhaft zulassen. So darf innerhalb eines Befeuchters im Allgemeinen die relative Feuchte nicht über 90% ansteigen, dieses gilt insbesondere für Luftfilter und Schalldämpfer. Hierbei können im gewerblich-industriellen Bereich durchaus produktionsbedingt Abweichungen erforderlich sein. Ein Abschalten der RLT-Anlage muss ein automatisches Trockenfahren von Befeuchter und Kühler bewirken. Ebenso sind beim Abschalten der RLT-Anlage Klappen im Luftleitungssystem zu schließen, um dieses System nicht unkontrolliert mit staubhaltiger Luft durchströmen zu lassen.
Temperaturen oberhalb von 0°C und relativer Luftfeuchte von über 80% können an den Komponenten von RLT-Anlagen ein verstärktes mikrobielles Wachstum begünstigen. Relative Feuchten über 90% führen auch bei kurzfristiger Überschreitung an Luftfiltern und Schalldämpfern zu Problemen. Die Vermeidung von Keimwachstum könnte beispielsweise durch Vorerwärmung der Luft erfolgen.

Inbetriebnahme

Auch die Inbetriebnahme von RLT-Anlagen unter hygienischen Gesichtspunkten wird in der VDI 6022 näher beschrieben. So sind vor dem ersten Einschalten des Ventilators die betriebsbedingt luftberührten Anlagenteile im Allgemeinen durch Inaugenscheinnahme auf Verschmutzung zu überprüfen und ggf. zu reinigen. Die Kammergeräte und Gerätegehäuse sind nach Erfordernis auszusaugen und ggf. zu desinfizieren. Ohne Luftfilter dürfen Lüftungsgeräte nicht betrieben werden. Unter Umständen ist es erforderlich das Luftleitungsnetz staubfrei zu blasen.

Zuluft-/Abluftüberschuss

Bei besonders schutzbedürftigen Räumen muss, je nach Art der Anforderung, auf Zuluft- oder Abluftüberschuss geachtet werden. Wenn beispielsweise keine Verschmutzung innerhalb des Raumes aus dem „Außenbereich“ zugelassen werden darf, muss mit Zuluftüberschuss gearbeitet werden. Umgekehrt ist Abluftüberschuss vorzusehen, wenn etwa kontaminierte Luft nicht in den „Außenbereich“ gelangen darf. Bestehen höhere hygienische Anforderungen, etwa bei einem Reinraum, muss die Keimkonzentration der Zuluft überprüft werden. Bodenentwässerungen können bei fehlendem Sperrwasser innerhalb der Gerüchverschlüsse zumindest zu Geruchproblemen führen. Deshalb sind die Wasservorlagen zu kontrollieren.

Detaillierte Aufgabenverteilung

Die Verantwortlichkeit von Planer, Hersteller und Errichter in Bezug auf die Hygiene wird vor der baurechtlichen Abnahme in der VDI 6022 detailliert geregelt. So ist beispielsweise der Planer für die Auswahl eines Luftfilters verantwortlich. Die Anzeige des Druckverlustes gehört zum Verantwortungsbereich des Herstellers und die Umsetzung der regelungstechnischen Lösung zu Begrenzung der Filterdurchfeuchtung in den des Errichters.

Regelmäßige Überprüfung

Aufgabe des Betreibers ist nach baurechtlicher Abnahme der Betrieb mit zugehöriger Wartung und Instandhaltung. Um den hygienischen Zustand der RLT-Anlage zutreffend beurteilen zu können und ggf. Abhilfemaßnahmen einzuleiten, sind periodisch bestimmte Maßnahmen durchzuführen:

  • Hygienekontrollen nach einer in der VDI 6022 erhaltenen Checkliste,
  • Hygieneinspektionen bei Anlagen mit Luftbefeuchtung alle zwei Jahre, bei Anlagen ohne Luftbefeuchtung alle drei Jahre. Die Hygieneinspektionen innerhalb von Arbeitsstätten sollen zusammen mit dem Betriebsrat und müssen bei bekannt werden von Gesundheitsstörungen mit dem zuständigen Betriebsarzt durchgeführt werden.

Während der Hygieneinspektion sind an repräsentativen Stellen die maßgeblich physikalischen Klimaparameter (Temperatur, Luftgeschwindigkeit, Luftfeuchte, Luftvolumenstrom usw.) zu messen. Darüber hinaus sind Hygiene- und Legionellenproben durchzuführen. Bei kritischen Befunden, beispielsweise bei einer Belastung des Befeuchterwassers mit 1000 KBE/ml (Kolonie bildende Einheit je Milliliter) oder mit mehr als einer Legionelle/ml sind die Ursachen festzustellen. Abhilfemaßnahmen bei kritischen Befunden sind zusammen mit einem Hygienesachverständigen auszuwählen. Das Ergebnis der Hygieneinspektion ist schriftlich zu dokumentieren und dem Nutzer zusammen mit der Beurteilung und einer Maßnahmenempfehlung zu übergeben.
Um diese anspruchsvolle Aufgabe erfüllen zu können, muss das eingesetzte Personal einschlägig, d.h. nach Vorgabe der VDI 6022, geschult sein. So sind im Umgang mit RLT-Anlagen, abhängig von der durchzuführenden Aufgabe und der fachlichen Vorbildung des Personals, unterschiedliche Qualifikationen erforderlich. Unterschieden werden die Kategorien A, B und C. Mehrjährige Berufserfahrung und ein Abschluss als Meister oder Techniker in der Fachrichtung Technische Gebäudeausrüstung, Versorgungstechnik oder eine gleichwertige Ausbildung und ein mehrjähriger Umgang mit RLT-Anlagen ist hierbei vor Qualifizierung nach Kategorie A nachzuweisen. Eine Qualifizierung nach Kategorien B erfordert eine ebenfalls nachzuweisende abgeschlossene Berufsausbildung als Fachmonteur der Lüftungs- oder Anlagentechnik oder eine mehrjährige Erfahrung in der Wartung von RLT-Anlagen. Inhaber und gleichzeitig Betreiber bzw. Eigennutzer können nach Kategorie C qualifiziert werden.
In der VDI 6022 werden auch die Anforderung an die Referenten geregelt. So sind die Schulungen in der Kategorie A und B durch einen Ingenieur und einen Hygieniker mit explizit beschriebenen Erfahrungen durchzuführen. Die Schulung von Personen in der Kategorie C kann von einer Person durchgeführt werden, die eine Qualifizierung nach Kategorie A besitzt.

Im Allgemeinen können die Schulungen unterschieden werden, in:

  • Kategorie A: Schulung für anspruchsvolle Hygienetätigkeiten,
  • Kategorie B: Schulung für einfache Hygienetätigkeiten. Unter diese Kategorie fallen RLT-Anlagen mit geringer räumlicher Ausdehnung oder/und nur einer thermodynamischen Funktion (etwa Heizen),
  • Kategorie C: Schulung für Inhaber und gleichzeitig Betreiber von RLT-Kleinanlagen, beispielsweise Wohnungslüftungen.

Fazit

Abschließend sei daran erinnert, dass sich die Verpflichtung zum hygienisch beanstandungsfreien Betrieb von RLT-Anlagen auch aus der Arbeitsstätten-Verordnung ergibt. Hier fordert der Verordnungsgeber unter Ziff. 3.6 Lüftung n.a.:

  • In umschlossenen Arbeitsräumen muss … ausreichend gesundheitlich zuträgliche Atemluft vorhanden sein.
  • Ablagerungen und Verunreinigung in RLT-Anlagen, die zu einer unmittelbaren Gesundheitsgefährdung durch die Raumluft führen können, müssen umgehend beseitigt werden.

Zu einem beanstandungsfreien Betrieb von RLT-Anlagen, insbesondere zu einer fachgerechten Wartung, gehört auch die qualifizierte Schulung des Personals nach VDI 6022. Letztlich kann bei einem Rechtsstreit nur nach Schulung des Personals gemäß VDI 6022 nachgewiesen werden, dass der Umgang mit der RLT-Anlage mit qualifiziertem Personal erfolgte.

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